Sarah Stief arbeitet seit 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Marketing & Management, Fachgebiet für Marketing und Business Development (570A). In ihrer Forschungsarbeit beschäftigt sie sich mit industriellen Veränderungsprozessen im Zusammenhang mit dem zunehmenden Einzug von digitalen Technologien (Industrie 4.0). Im Herbst 2017 hat Sie ihr Forschungsprojekt erfolgreich abgeschlossen. Johannes Klenk hat Sarah Stief getroffen und mit ihr über ihre Forschung und ihren Antrieb gesprochen.
Johannes Klenk: Was ist Ihr Forschungsthema? Worum geht es in Ihren Untersuchungen?
Sarah Stief: Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren zunehmend die Geschäftstätigkeiten von Unternehmen transformiert und stellt diese vor neue Herausforderungen. Durch den vermehrten Einsatz digitaler Technologien verändern sich unter anderem Produkte, Prozesse, Geschäftsmodelle. Die zunehmende Digitalisierung beeinflusst zudem das gesamte Marktumfeld, das durch eine steigende Dynamik und neue Wettbewerber, die mit neuen Geschäftsmodellen in den Markt eintreten, gekennzeichnet ist. Den Veränderungen und daraus resultierenden neuen Möglichkeiten und Anwendungen, die durch die Digitale Transformation entstehen, wird ein großes Potenzial zugesprochen.
Unter der schlagworthaften Überschrift „Industrie 4.0“ werden eine Vielzahl neuer Anwendungen realisiert, die sich in ihrer Ausgestaltung und ihren Einsatzgebieten stark unterscheiden können. Trotz der großen praktischen Relevanz von Industrie 4.0 fehlt es weitestgehend an einer fundierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik. Anbieter von Industrie 4.0-Anwendungen sehen sich der Herausforderung gegenüber, dass ihre angebotenen Industrie 4.0-Anwendungen vielfach am Markt noch nicht akzeptiert und angenommen werden. Einer der Gründe hierfür kann sein, dass Nachfrager den Mehrwert von Industrie 4.0-Anwendungen wegen fehlender Nutzungserfahrungen vor dem Kauf nicht umfassend einschätzen können.
In meiner Dissertation untersuche ich verschiede Aspekte von Industrie 4.0 im Kontext der Digitalen Transformation. Mich interessiert, wodurch die Akzeptanz von innovativen Anwendungen im Detail beeinflusst wird. Zudem möchte ich erklären, woraus unterschiedliche Nutzeneinschätzungen von Nutzern und Interessenten innovativer Anwendungen resultieren und wie Anbieter mit diesen Einschätzungsunterschieden in ihrer Innovationsvermarktung umgehen können.
Klenk: Was motiviert Sie an der Thematik? Was finden Sie persönlich besonders spannend an Ihrem Thema?
Stief: Meine Forschungsarbeit hat mir ermöglicht, mich einem spannenden, sehr aktuellen und innovativen Thema zu widmen. Neben dem intensiven fachlichen Austausch z.B. auf internationalen Konferenzen reizt mich die hohe Praxisrelevanz meines Themas. Der enge Kontakt und Austausch mit der Praxis ist in einem jungen Themenfeld sehr wichtig. In meinen Erhebungen habe ich immer wieder sehr positive Rückmeldung bekommen, die den Fragestellungen der Dissertation eine hohe Relevanz und Bedeutung zugesprochen haben.
Durch die Beschäftigung mit meinem Thema hat sich außerdem die Möglichkeit geboten, verschiedene wissenschaftliche Methoden anzuwenden und mich in diese einzuarbeiten. So habe ich beispielsweise mittels Strukturgleichungsmodellierung Einflussfaktoren auf die Akzeptanz von Industrie 4.0-Anwendungen herausgearbeitet und mit der sogenannten Hierarchischen Individualisierten Limit Conjoint-Analyse (HILCA) Nutzeneinschätzungen von verschiedenen Nachfragern hinsichtlich Industrie 4.0-Anwendungsmerkmalen identifiziert.
Klenk: Worin besteht die gesellschaftliche Relevanz des Forschungsprojekts bzw. der Ergebnisse?
Stief: Die Digitale Transformation sowie Industrie 4.0 transformieren nicht nur die Art und Weise wie Unternehmen produzieren oder agieren, sondern beispielsweise auch ganz konkret die Arbeitsbedingungen in Unternehmen. Dies gilt nicht nur in den klassischen Industriebetrieben, sondern auch für viele andere Bereiche wie beispielsweise die Gesundheitsbranche und das Bildungswesen. Mit dem digitalen Wandel gehen somit auch soziale sowie gesellschaftliche Veränderungen einher. Veränderungen, die durch die Digitale Transformation in Unternehmen bedingt werden, beeinflussen dabei beispielsweise Arbeitnehmer respektive deren Bereitschaft für Veränderungen. Eine meiner durchgeführten Studien hat gezeigt, dass die Bereitschaft für Veränderungen in Unternehmen generell hoch ist, jedoch nicht, wenn es sich bei Veränderungen um Veränderungen durch Industrie 4.0-Anwendungen handelt. Weiterhin konnte ich zeigen, dass Individuen im Kontext von Industrie 4.0-Anwendungen insbesondere ihre Jobstabilität sowie die generellen Arbeitsbedingungen bedroht sehen. Arbeitnehmer müssen daher beispielsweise durch gezielte Schulungen auf die sich ändernden Arbeitsbedingungen und neuen Herausforderungen vorbereitet werden.
Klenk: Danke für den interessanten Einblick und alles Gute für Ihre berufliche Zukunft!