Anne Suphan ist seit 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bildung, Arbeit und Gesellschaft, Fachgebiet für Soziologie (560F). In Ihren Forschungsprojekten beschäftige sie sich mit Ungleichheit, insbesondere im digitalen Kontext. Dazu zählen Aspekte mangelnder Zugänge zu digitalen Medien, Fähigkeiten im Umgang mit Medien und Sichtbarkeit im Internet, sowie die daraus resultierenden gesellschaftlichen Folgen - auch in Bezug auf die Arbeitswelt. Ihre Forschung wurde zweimal mit dem Best Paper Award ausgezeichnet.
Bevor sie an die Universität Hohenheim wechselte arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen und schloss dort 2014 das Doktoratsstudium „Organisation & Kultur“ ab. Sie forschte im Rahmen von Auslandsaufenthalten u.a. am Social Media Lab in Toronto sowie am Donald McGannon Communication Research Center in New York.
Im Rahmen eines Ad-hoc Projektes führt Anne Suphan derzeit eine Online-Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitsbedingungen von WissenschaftlerInnen durch. Claudia Christ sprach mit ihr über ihre Forschung und ihr aktuelles Projekt.
Claudia Christ: Was ist Ihr Forschungsthema? Worum geht es in Ihren Untersuchungen?
Anne Suphan: In meiner Forschung geht es, ganz allgemein gesagt, um die gesellschaftlichen Auswirkungen von Digitalisierung. Insbesondere Ursachen und Folgen digitaler Ungleichheit, soziokulturelle Unterschiede in den Nutzungspraktiken digitaler Anwendungen sowie die Auswirkungen auf die Arbeitswelt sind Gegenstand meiner Untersuchungen.
In einem ganz aktuellen Projekt untersuche ich Ungleichheit in einem anderen Kontext: Welche Auswirkungen haben die veränderten Arbeitsbedingungen aufgrund der Corona-Pandemie auf WissenschaftlerInnen? Ich möchte eine Bestandsaufnahme der Situation von WissenschaftlerInnen mittels Online-Befragung machen und damit drängende Fragen zur Organisation des Arbeitsalltags, zu Auswirkungen auf Karriereziele sowie zur Vereinbarkeit beruflicher und familiärer Verpflichtungen beantworten. Insbesondere im Hinblick auf die Situation von NachwuchswissenschaftlerInnen mit Erziehungspflichten im Vergleich zu deren kinderlosen KollegInnen dürften in der aktuellen Situation deutliche Unterschiede in der Beurteilung der beruflichen Situation zu Tage treten. Dafür suche ich aktuell noch dringend WissenschaftlerInnen, die an der Umfrage teilnehmen (s.u. Links) .
Claudia Christ: Was finden Sie persönlich als Forscherin besonders spannend an Ihrem Thema?
Anne Suphan: Ganz besonders interessieren mich die gesellschaftlichen Auswirkungen unterschiedlicher visueller Repräsentationen in Sozialen Medien. Bilder und Videos haben in unserer täglichen Kommunikation einen großen Stellenwert. Die wachsenden Nutzungszahlen von Apps wie Instagram, Snapchat oder TikTok verdeutlichen dies. Ich beschäftige mich vor allem mit Instagram-Bildern. Dabei interessiert mich zum einen, was sichtbar ist. Zum anderen finde ich es enorm spannend zu sehen, auf welche Art und Weise Dinge sichtbar gemacht werden. So findet man, aus diversen Gründen, kaum Bilder marginalisierter Gesellschaftsgruppen wie Erwerbslose. Und auch die Instagram-Bilder, die beispielsweise unter #LebenMitKind das Familienleben darstellen, sehen nicht vollkommen verschieden aus, sondern ähneln sich sehr stark. Denn sie unterliegen sozialen Normen. Nicht alles, was es an Familienvielfalt im Leben gibt, wird online gleichermaßen sichtbar.
Claudia Christ: Worin besteht die gesellschaftliche Relevanz des Forschungsprojekts bzw. der Ergebnisse?
Anne Suphan: Da Sozialen Medien eine zentrale Rolle bei der Konstruktion soziokultureller Wirklichkeit zukommt, sind diese Unterschiede der Sichtbarkeit aus soziologischer Perspektive problematisch. Mediale Sichtbarkeit ist eng mit ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Macht verbunden. Es ist wichtig zu analysieren, wie durch diese Sichtbarkeitsunterschiede – als Folge mangelnder Zugänge, Fähigkeiten oder unterschiedlicher Nutzungspraktiken – soziale Kategorien und dadurch auch soziale Differenzen geschaffen werden. Diese sozialen Kategorien werden meist nicht über die Bildinhalte, also das, was direkt zu sehen ist oder eben nicht, konstruiert. Meist ist die Art und Weise der Darstellung viel entscheidender. Daran knüpft sich direkt die gesellschaftspolitische Frage an, wie diese Differenzen schließlich verringert bzw. vermieden werden können.
Claudia Christ: Vielen Dank für das interessante Gespräch, viel Erfolg bei Ihrem aktuellen Forschungsprojekt und alles Gute für Ihre Zukunft!